Weigoldsberg
Auch die Betrachtung einer Installation muss man sich manchmal erarbeiten - wenn man denn möchte. Für Nicht-Ortskundige kann das in diesem Fall ein kleines Mehr an Aufwand bedeuten, denn nicht nur steht ein, je nachdem wie man sich denn entscheidet, steiler oder feuchter Aufstieg an. Auf jeden Fall aber wird man den genauen Standort erst ausfindig machen müssen.
Nimmt man das aber auf sich und passiert in den Mischwald gestreute Kiefernbestände oder auch einige schöne Heideflächen, so erreicht man den landschaftlich vielleicht reizvollsten Standort. Dieser liegt eingebettet zwischen Hecken, ebenfalls Kiefern, Streuobstwiesenüberresten und Wald und befindet sich in Besitz und Pflege des BNAN Geislingen/Steige. Trifft man ein von der Seite eines etwas steileren, schmalen Abstiegs und vorbei an der seitlich begrenzenden Hecke, begegnet man als erstes großformatigen Fotografien, die sich um die fotografierten Heckenrosensträucher gruppieren und auch dem winterlichen Betrachter einen Eindruck von der sommerlichen Pracht geben. Zusätzlich zu dieser offensichtlicheren Qualität, resultieren sie aber aus Überlegungen zu eben jenem Bildgrund und jener Bildendkante, die Zeichner und Fotografen in freier Wildbahn finden - oder versuchen zu erkennen. Gleichen Falls möchten sie auf die fast schon architektonisch oder skulpturenhaft anmutende Gestalt dieser Sträucher, die für diverse Tierarten und auch für einfache optische Vielgestalt relevant sind, aufmerksam machen und zur längeren Betrachtung dieser einladen. Gebilde, die durch gewachsene Strukturen und Farben als Lebensraum und Nahrungsspender, die vor- und nachgelagerten Bildträger nicht bräuchten, würde man jedem dieser Gewächse offen, entgegen stereotypisierender Wahrnehmungszwänge, gegenüber treten und erkennen, dass sie alle ein Naturkunstwerk per se darstellen.
In die Zwischenräume, die sich zwischen allen platzierten Elementen ergeben, befinden sich eingestreut kleine Drucke, mal nah, mal fern, die sich aus Mehrfachbelichtungen von Wiesenstrukturen und deren nachfolgender Farbreduktion ergeben. Diese Wiesen-Einsprengsel sollen nicht nur die Wiesenstruktur sozusagen als kleine Phänotypen der Albtrauf-(Halb)Trockenrasen verdeutlichen, sondern auch den annähernd gerundeten Raum, der sich aus den übrigen Elementen ergibt, brechen. Sie zeigen ebenfalls topographische Strukturen auf, die bei flacher Aufsicht vielleicht verloren gehen würden. Das Hang-Auf & Ab gewinnt an visueller Präsenz - an visuellen Knotenpunkten.
Zu guter Letzt findet sich dem Betrachter gegenüber ein von über Kreuz liegenden Stahlseilen gerasteter Rahmen wieder, der wiederum über Stahlseile in den dahinter liegenden Hang ausgreift. Er definiert Perspektiven, Sichtwinkel. Der Prozess des Sehens soll sichtbar werden. Die alltäglich vollzogene Handlung des ästhetisierenden Sehens soll untersucht werden. Sei es mit der Kamera - das Raster weist unmissverständliche Ähnlichkeiten mit einer Kamera-Mattscheibe auf - oder Zeichnerisches - auch hier wird die Umgebung mit dem Blick abgetastet - kann versucht werden mit verschiedenen Verzerrungen der Optik zu spielen. Nicht nur der Prozess des Sehens, sondern zugleich der Bildwerdung, die in der klassischen Fotografie und Malerei bedingt durch den sich selbst gesetzten Rahmen, dem dreidimensionalen Raum, zweidimensionale Abbildungen zu entziehen sucht, werden thematisiert.